Weil’s hilft – Schul- und Naturmedizin sind ein gutes Team

Angesichts der vielen Negativmeldungen, die zuletzt über den Heilpraktikerberuf in der Presse kursierten, möchte ich hier mit ein paar Vorurteilen über unseren Berufsstand aufräumen. Damit Sie als meine Patient*innen gut informiert sind und weil es mir persönlich eine Herzensangelegenheit ist. Mehr zu diesem Thema lesen Sie in meinem Blog: 

1. Prävention und Naturmedizin sparen viel Geld

Erstes Vorurteil: Naturmedizin sei nur ein zusätzlicher Kostenfaktor im ohnehin finanziell belasteten Gesundheitssystem. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade weil sich der Fokus auch in der Medizin immer mehr in Richtung Wirtschaftlichkeit verschiebt, müssten alternative Therapien in meinen Augen Hochkonjunktur haben.

Therapien, wie die Akupunktur, die Osteopathie, die Schröpftherapie und viele andere sind wenig aufwändig, wenn sie rechtzeitig, also auch präventiv eingesetzt werden. Dann wären kostspielige MRT- und CT-Untersuchungen häufig überflüssig, die etwa bei Rückenschmerzen schnell zum Einsatz kommen und mehrere Tausend Euro kosten. Erwiesenermaßen haben viele Rückenbeschwerden muskuläre Ursachen und müssten gar nicht erst entstehen, wenn man im Vorfeld auch mit naturheilkundlichen Maßnahmen verstärkt intervenieren und Patienten in größerem Ausmaß über deren Nutzen aufklären würde. Und zwar über Zuschüsse der gesetzlichen Krankenkassen auch für Heilpraktikerbehandlungen. Ähnlich, wie dies bereits bei der Osteopathie und Präventionssportarten wie Rückenschule, Yoga, Pilates etc. geschieht.

Ähnlich verhält es sich mit Kräuterarzneien oder homöopathischen Mitteln, die von Alternativmedizinern und Heilpraktikern verschrieben werden. Sie können entweder ergänzend oder alternativ zur schulmedizinischen Medikation eingesetzt werden, kosten dabei einen Bruchteil und sind lange haltbar. So macht die Homöopathie nur einen Anteil von 0,03 Prozent, die Phytotherapie 0,19 % der Ausgaben im Gesundheitssystem aus. (Quelle: https://www.naturundmedizin.de/homoeopathie-und-die-gesetzliche-krankenversicherung.html)

2. Patienten wollen mitentscheiden

Zweites Vorurteil: Patienten verlassen sich gerne und ausschließlich auf die Meinung Ihres Arztes. Das lässt sich in meinen Augen nicht verallgemeinern. Natürlich gibt es Patient*innen, die langfristig schulmedizinische Medikamente einnehmen (müssen) und ihrem Arzt vertrauen. Das soll hier auch gar nicht in Frage gestellt werden.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar TNS im Auftrag der DHU zum Thema Homöopathie und komplementäre Medizin wollen jedoch 80% der Deutschen bei der Wahl ihrer Arzneimittel und Therapien mitentscheiden. Viele Menschen suchen nach Alternativen, wenn sie beispielsweise jahrelang Schmerzmittel, Antibiotika, Cortison oder Cholesterinsenker eingenommen haben.

Hier liegen auch die Stärken von uns Heilpraktikern und Naturmedizinern. Sehr häufig haben wir mit Beschwerdebildern zu tun, die sich mit der Naturheilkunde hervorragend therapieren lassen. Eine kleine Auswahl: Rückenschmerzen, Schulter- und Nackenschmerzen, Gelenkbeschwerden, Migräne, Kopfschmerzen, entzündliche Darmerkrankungen, Reizdarmsyndrom, Menstruations- und Wechseljahresbeschwerden, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen oder Infektanfälligkeit.

Abgesehen davon handelt es sich bei der Wahlfreiheit unserer Medikamente und Therapien um einen wichtigen Grundsatz unserer Demokratie.

3. Naturmedizin ist wissenschaflich belegbar

Drittes Vorurteil: Die Wirkung von Naturmedizin sei nicht wissenschaftlich nachweisbar. Ganz im Gegenteil ist die Studienlage für viele Therapien inzwischen mehr als überzeugend. Zu keiner anderen medizinischen Disziplin gibt es mittlerweile in China und weltweit mehr Studien- und Forschungsarbeiten als zur Akupunktur.

Anbei einige Studien für Interessierte zu Akupunktur und Schröpftherapie:

  • Akupunktur bei Migräne
    Nach drei Monaten waren die Rückgänge bei Schmerzwerten in der Akupunkturgruppe signifikant höher als in der Paracetamolgruppe. (A Comparison of the Efficacy of Acupuncture and Hypnotherapy in Patients With Migraine, Int J Clin Exp Hypn, Oktober-Dezember 2018, 66(4), 371-85)
  • Akupunktur bei Lumbago in der Schwangerschaft
    Brasilianische Forscher behandelten 56 Schwangere in den Wochen 14 bis 37, die über Lumbago klagten. Die Schmerzwerte gingen schon nach der zweiten Behandlung signifikant zurück und verbesserten sich im weiteren Verlauf kontinuierlich. (Acupuncture treatment: multidimensional assessment of low back pain in pregnant women, Rev Esc Enferm USP, 11. Juni 2018, 52:e03323)
  • Akupunktur führt zu subjektiven und objektiven Verbesserungen bei Fibromyalgie
    Türkische Forscher behandelten 75 Frauen mit Fibromyalgie. Die besten Ergebnisse wurden mit der Akupunktur erzielt, sie hielten zudem mindestens drei Monate nach Behandlungsende an. (Effects of Acupuncture Treatment on Fibromyalgia Symptoms, Serotonin, and Substance P Levels: A Randomized Sham and Placebo-Controlled Clinical Trial, Pain Med, 6. Dezember 2017, doi:10.1093/pm/pnx263, online-Veröffentlichung)
  • Schröpfen reduziert Nackenschmerzen
    Koreanische Forscher haben 18 randomisierte Studien ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass Schröpfen im Vergleich mit der nicht behandelten Kontrollgruppe zu einer signifikanten Schmerzlinderung sowie zu einer verbesserten Funktionstauglichkeit führte. (Is cupping therapy effective in patients with neck pain? A systematic review and meta-analysis, BMJ Open, 5. November 2018, 8(11):e021070)
  • Akupunktur gegen Depressionen und Schlafstörungen
    Chinesische Wissenschaftler behandelten 140 Patienten mit Depressionen und klinischen Schlafstörungen und erzielten zu allen Auswertungszeitpunkten bessere Schlaf- und Depressionswerte. (Randomized single-blind multicenter trial comparing the effects of standard and augmented acupuncture protocols on sleep quality and depressive symptoms in patients with depression, Psychol Health Med, September 2017, 1-16)

Auch für die Homöopathie gibt es eine große Zahl hochwertiger Studien und Übersichtsarbeiten, die eine Wirkung homöopathischer Potenzen belegen. Wie der Placebo-Effekt bei (Klein)kindern und Tieren greifen soll, konnte mir im übrigen noch kein Homöopathie-Gegner plausibel erklären.

So kam eine 5-Jahres-Studie zur Behandlung von Neurodermitis bei Kindern zu dem Ergebnis, dass mit Homöopathie eine dauerhafte Heilung von Neurodermitis möglich sei. Dies ist bei konventioneller Therapie häufig nicht gegeben. (Quelle:  https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27473542)

Nach Evaluierungen u.a. der Molkereien Berchtesgadener Land und ZOTT ließen sich in der Milchviehhaltung durch Homöopathie-Anwendung bis zu 80% der Antibiotika einsparen. Sind Rinder etwa besonders gute Placebo-Responder? (Quelle: https://www.vkhd.de/news-arten-mobil/news-archiv/news-2017/item/320-homoeopathie-hilft-einsatz-von-antibiotika-in-der-milchviehhaltung-zu-reduzieren)

4. Patienten wollen beides: Schul- und Naturmedizin

Viertes Vorurteil: Patienten bevorzugen schulmedizinische Behandlungen. Im Gegenteil: die meisten Patienten und Patientinnen wünschen sich ein Miteinander von Natur- und Schulmedizin. 75 % der Deutschen befürworten eine integrative Medizin laut der oben erwähnten repräsentativen Umfrage.

In meinen Augen macht dies auch die Stärke des deutschen Gesundheitssystems aus. Denn die Verdienste der Schulmedizin in Notfallversorgung, Chirurgie, Diagnostik und bei schweren bzw. seltenen Erkrankungen sind für mich unbestritten. Auf der anderen Seite leisten etablierte alternative Therapieformen wie die traditionelle, chinesische Medizin (TCM), die ayurvedische Medizin, Osteopathie, Homöopathie oder Kräutermedizin (um nur eine kleine Auswahl zu nennen) einen ebenso wertvollen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in Deutschland. Insbesondere bei chronischen Beschwerden suchen Patienten häufig Unterstützung in unseren Heilpraktikerpraxen.

5. Last not least: „Weil’s hilft“ gehen Patienten zum Heilpraktiker oder naturheilkundlichen Arzt

Meine persönliche Erfahrung als Heilpraktikerin zeigt, dass unsere Patienten uns vertrauen, eben genau „weil’s hilft“. Selbst wenn es noch keine wissenschaftlichen Studien oder Belege für die Wirkung einer Behandlung gibt. Wer Hilfe sucht, ist häufig auch für alternative Wege offen. Und oft überrascht oder begeistert.

Und wer, wenn nicht der Patient selbst, sollte eigentlich beurteilen, ob etwas gewirkt hat oder nicht?

Langfristig kann unser Gesundheitssystem in meinen Augen nur profitieren, wenn eine integrative Medizin Schule macht. Denn Schul- und Naturmedizin sind ein gutes Team. In diesem Sinne hoffe ich, dass die kontroversen Diskussionen Bewegung in dieses Thema bringen. Und sich auch die Politik in den nächsten Jahren nicht von unternehmerisch gelenkten Interessen leiten lässt.

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